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Die jüdische Gemeinde in München vom Mittelalter
bis zum Nationalsozialismus
Heike Specht
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Mittelalter
Die lange und wechselhafte Geschichte der Juden in München begann mit
„A
BRAHAM DE
M
UNICHA
“. A
BRAHAM
war wohl ein jüdischer Kaufmann. Er
wird im Zusammenhang mit einem Vertragsabschluss in Regensburg, „der
Mutter aller jüdischen Gemeinden in Bayern“, als Zeuge auf einer Urkunde aus
dem Jahr 1229 genannt. Wie groß Abrahams Familie war, wo und wie lange er
in München lebte, bleibt im Dunklen.
Bereits in der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts scheint sich in München
eine größere jüdische Gemeinde mit einer Synagoge, einem Ritualbad und
einem Hospital angesiedelt zu haben. Die Juden des mittelalterlichen Münchens
lebten überwiegend vom Geld- und Warenhandel, aber auch ein Bäcker und
Metzger, sowie ein „Judenmaler“ und „Judenschreiber“ werden in den Q uellen
erwähnt. Bis in die Mitte des 14. Jahrhunderts konnten die jüdischen Familien
ihren Wohnort in der Stadt selbst bestimmen. Eine konzentrierte Ansiedlung in
der sogenannten Judengasse wurde erst nach der Stadterweiterung im Jahre
1337 eingeführt. Dort befand sich auch die erste Münchner Synagoge, die aus
einem Privathaus hervorgegangen ist, das an die Stadtmauer grenzte. Vermut-
lich lebten während des Mittelalters in München nie mehr als ca. zehn jüdische
Familien, insgesamt zwischen 50 und 60 Personen. Im ausgehenden 14. und
beginnenden 15. Jahrhundert wurden die Juden aus zahlreichen mittelalterli-
chen Großstädten vertrieben. Auch die Juden Münchens mussten die Stadt zu
Beginn der 1440er Jahre verlassen. Ihre Synagoge in der heutigen Gruft-Straße
wurde in eine Marienkapelle umgewandelt. Diese Vertreibung der Münchner
Juden war für fast drei Jahrhunderte das Ende einer jüdischen Gemeinde in
München. Einige der Vertriebenen versuchten in Dörfern und Kleinstädten der
Umgebung Aufnahme zu finden, etwa in Fürth, Kriegshaber, Schnaittach und
Ottensoos, Orte, in denen in der frühen Neuzeit bedeutende jüdische Gemein-
den entstanden.
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H
EIKE
S
PECHT
M.A. studierte an der Ludwig-Maximilians-Universität (LMU) in München
Geschichte und Germanistik. Sie promoviert seit 2004 bei Prof. Dr. M. B
RENNER
, Abteilung für
Jüdische Geschichte und Kultur der LMU. Den im Folgenden wiedergegebenen Vortrag hielt sie
am 09.12.2003 im Alpinen Museum auf der Praterinsel in München anlässlich einer Veranstal-
tung zum Gedenken an den 160. Geburtstag von Prof. Dr. G
OTTFRIED
M
ERZBACHER
.